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Vom Strauch bis zur Bohne - Ein Tag auf der Familienfarm in Brasilien

Aktualisiert: vor 6 Tagen

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Im April waren wir zu Besuch auf einer unserer Bohnenfarmen in Brasilien.

Ein Familienbetrieb seit 1982. Wir hatten das Glück, genau zum Start der Erntezeit dort zu sein – so konnten wir wirklich den gesamten Prozess live miterleben: von der ersten Handpflückung bis zur Trocknung und Sortierung.

Kein Industriebetrieb – hier wird mit Herz gearbeitet. Alles überschaubar, mit unglaublich viel Liebe zum Detail. Jeder Mitarbeiter wird wertgeschätzt, viele sind schon seit den Anfängen dabei.Wir haben uns einen ganzen Tag Zeit genommen, um wirklich jeden Schritt kennenzulernen – und JA, ich habe viele Fragen gestellt! 😄

Dieser Besuch hat uns noch einmal gezeigt, wie viel Leidenschaft, Wissen und Handarbeit in jeder Bohne steckt, lange bevor sie bei uns in Europa ankommt.Ein echtes Erlebnis!


Eine Familienfarm mit Geschichte und Herz

Seit 1982 betreibt diese Familie eine 160 Hektar große Kaffeeplantage in den Bergen nahe Rio de Janeiro – auf Höhenlagen zwischen 680 und 1.050 Metern. Diese Vielfalt an Mikroklimata und Höhenzonen ermöglicht nicht nur unterschiedliche Reifezeiten, sondern auch eine große Bandbreite an Geschmacksprofilen.

Die Farm konzentriert sich ausschließlich auf hochwertige Arabica-Bohnen. Alles wird mit enormer Sorgfalt und Handarbeit durchgeführt – von der Ernte über die Aufbereitung bis zur Trocknung. Und das spürt man in jeder Tasse.

 

Von der Ernte bis zur Bohne – So läuft’s auf der Farm


1. Ernte (Ende April – Juli)


Die Kaffeekirschen werden meist von Hand gepflückt, da die steilen Hänge den Einsatz von Maschinen erschweren.Die Kunst liegt darin, zum richtigen Zeitpunkt zu ernten – nicht alle Kirschen an einem Strauch sind gleichzeitig reif. So entsteht eine Mischung verschiedener Reifegrade.Besonders wichtig ist die rechtzeitige Ernte in höheren Lagen („bergauf“), denn dort ist die Qualität der Bohnen am höchsten – gleichzeitig stehen nur begrenzt Erntehelfer zur Verfügung.


2. Erste Verarbeitung: Verladung, Waschen & Sortierung

Nach der Ernte werden die Kirschen in große Jutesäcke gefüllt und auf Lastwagen verladen. Von dort geht es direkt zur Verarbeitungsstation auf der Farm.Dort erfolgt zunächst eine erste Reinigung: Die frischen Kirschen werden mit Wasser gewaschen, um Schmutz, Blätter und minderwertige Früchte zu entfernen.Anschließend erfolgt eine Sortierung nach Dichte und Qualität – gute, reife Kirschen sinken im Wasser, während unreife oder beschädigte oben schwimmen und aussortiert werden.

Erst nach dieser Qualitätskontrolle beginnt die eigentliche Aufbereitung – je nach gewünschtem Geschmacksprofil entweder durch den Natural- oder den Washed-Prozess.


3. Die Aufbereitungsarten im Überblick:


  • Natural Process (Trockenaufbereitung)

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Die ganzen, gewaschenen Kirschen werden auf großen Betonterrassen („Terraço de secagem“) ausgebreitet und bis zu 3 Wochen lang sonnengetrocknet.Dabei werden sie mehrmals täglich gewendet, um eine gleichmäßige Trocknung zu gewährleisten.Erst danach wird das getrocknete Fruchtfleisch mechanisch entfernt – dieser Schritt heißt „Dry Milling“ oder „Hulling“.


Das Ergebnis: kräftig, weniger süße, fruchtbetont.



  • Washed Process (Nassaufbereitung)

Nach dem Sortieren werden die Kirschen entpulpt – also das Fruchtfleisch wird entfernt – und die Bohnen direkt in große Wasserbecken aus Beton gegeben.Dort bleiben sie ca. 12–24 Stunden, um durch Fermentation die letzten Fruchtreste zu lösen. (Die genaue Dauer hängt von Temperatur, Reifegrad und gewünschtem Profil ab.)Anschließend werden sie gründlich gewaschen und in großen, gemauerten Trockenöfen schonend weitergetrocknet. Die Wärme stammt aus Holzfeuerung, die aus ausgemusterten Kaffeepflanzen erzeugt wird – ein nachhaltiger Kreislauf.

Das Ergebnis: mehr säure, weniger süße, blumig



4.Lagerung & Reifung

Nach der Trocknung ruhen die Bohnen im sogenannten „Pergaminho“-Zustand – also noch in der letzten Schutzschicht (Pergamino oder Pergamenthaut) – für einige Wochen in gut belüfteten, trockenen Räumen. Diese Ruhephase stabilisiert Geschmack und Aroma.


5.Sorten, Ertrag & Pflege

Die Farm arbeitet mit einer Auswahl an robusten und aromareichen Arabica-Varietäten, darunter: Catuaí und Arara (ein Hybrid mit Robusta-Eigenschaften, aber Arabica-Aromatik)

Schnittpflege: Alle Pflanzen werden alle 6 Jahre beschnitten, um Ertrag und Gesundheit zu erhalten.

Ertrag: Eine Kaffeepflanze bringt im Schnitt etwa 5 Liter Kaffeekirschen pro Jahr.

  • Daraus entstehen nach der Verarbeitung ungefähr 770 g gerösteter Kaffee.

  • Um 1 Kilogramm fertigen Kaffee zu erhalten, braucht man rund 6,5 Liter Kirschen.


6.Einmal im Jahr – Kaffeeverkauf mit Verantwortung

Die Ernte wird einmal jährlich gesammelt verkauft. So bleiben Qualität, Herkunft und Handschrift der Farm vollständig erhalten. Jede Bohne trägt die Geschichte der Menschen, die sie geerntet, gepflegt und mit Stolz verarbeitet haben.


Fazit:

Für uns war es wichtig selbst zu sehen, wo unsere Bohnen herkommen. Auch wenn es nur eine unserer Sorten ist, die wir verwenden, hat uns dieser Einblick gezeigt, dass alles mit viel Herz und Sorgfalt passiert – ganz „mit rechten Dingen“. Zu erleben, wie viel Arbeit, Technik und Liebe in jeder Bohne steckt, hat unseren Kaffee für uns noch wertvoller gemacht. Wer die Chance hat, sollte unbedingt mal eine Kaffeefarm besuchen. Das verändert die Sichtweise auf Kaffee noch mal deutlich.:)


 
 
 

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